Prosa

Nikola Petković: Der Weg nach Gonars

Nikola Petković wurde 1962 in Rijeka geboren, wo er heute Cultural Studies und Philosophie an der Philosophischen Fakultӓt lehrt. Er ist Autor von 18 Büchern, darunter die vier Romane: „Kako svezati cipele“ („Wie die Schuhe binden“), 2011; „Uspavanka za mrtve“ („Schlaflied für Tote“), 2007; „Priče iz davnine“ („Geschichten aus uralten Zeiten“), 1989; „Put u Gonars“ („Der Weg nach Gonars“), 2018; vier Lyrikbӓnde, sowie Essaybӓnde und Sachbücher. Von 2011 bis 2017 war er der Vorsitzende der Kroatischen Schriftstellergesellschaft (HDP). Er rezensiert Lyrik in der Tageszeitung Novi list. Auf Englisch erschienen sind bisher zwei Lyrikbӓnde und der Roman „Kako svezati cipele“ (Dalkey Archive Press, 2017). „Put u Gonars“ wurde vor kurzem mit dem T-portal Preis für den kroatischen Roman des Jahres 2018 ausgezeichnet.



 

 Auszug aus dem Roman „Der Weg nach Gonars“

Aus dem Kroatischen von Klaus Detlef Olof.

 

 

2.

Nikola rudert, Karlo singt mit voller Stimme: Firenze stanotte sei bella con un manto di stelle ... Die Bucht von Bakar hallt wider. Niko hat dieses Lied einmal geliebt. Er liebte es, so wie er das Italien Dantes, Petrarcas, Boccaccios, Verdis und jenes des Giordano Bruno liebte, der sich nie einschüchtern ließ und bei dem der Geruch seines Fleisches, über der Wirklichkeit schwebend, zur Inspiration der Proletarier auf ihrem Gang zur Erschießung wurde. Ihrer Erschießung. Galileo hatte es sich, was die Erde und ihre Revolution betrifft, im Unterschied zu Bruno, anders überlegt und war und blieb für die Proletarier ein Risikovermeider und Weichei. 

Niko liebte an dieser Florentiner Ballade den Vers über die braunhaarige Madonna, die im Schutz eines Balkons erwacht. Jetzt liebt er das Lied nicht mehr. Es wurde in ihm von Vittorio Emmanuelle und Benito Mussolini abgetötet, la testa di cazzo.

Später, Anfang der Siebziger, als die Volksherrschaft dem Volk eingeimpft war, in den Schulen, lernten wir das Schießt mir ins Herz des Šibenikers Rade Končar, jenes Volkshelden, dem das Land seine Dankbarkeit auf die Weise bezeigte, dass es nach ihm, weil die Italiener ihn erschossen hatten, eine Waschmaschine benannte. Wir merkten uns auch die Haltung der Hände, die den Sieg beschworen – der Hände Filip Filipovićs, wenn ich mich nicht irre.

Wir merken uns nicht alles, was man uns beibringt. Damals war uns das, was man uns lehrte, fremd, unerwünscht, aufgezwungen. Wie alles von außen Oktroyierte fremd, unerwünscht, aufgezwungen war. So viel zu Brunos Scheiterhaufen.

 

3.

Jelka kommt zurück, senza paura, Nicolosenza paura ... mein Karlo, bleibt es Nikola in der Kehle stecken, sie ist hinauf in die Berge oberhalb von Bakar; nach Turčin, hinauf nach Bukovo, hinauf nach Sopalj ... sie ist hinauf und hat Medikamente bei sich, und Verpflegung ... die Partisanen sind gekommen, haben genommen, was man ihnen gegeben hat, und sind weitergezogen. Sie haben den Italienern aufgelauert, haben hier und da ein Gleis in die Luft gejagt, sind mitunter sogar bis in die Stadt herunter gekommen, wohl auch in die Häuser gegangen, um sich zu nehmen, was sie dringend brauchten, um dort oben durchzuhalten, und so die ganze Zeit bis zur Befreiung. 

Sie glaubte an sie. Nicht an die Bewegung als solche. Sie glaubte an den Widerstand. 

Sie glaubte, dass die Partisanen diejenigen sein würden, die die Italiener dorthin zurückbringen würden, woher sie gekommen waren. Sie wusste, dass es ihnen gelingen würde. Die Italiener hatten ja auch keine Lust hier zu bleiben. Auch nicht hierher zu kommen. Aber wer hat sie, wie übrigens auch die Partisanen, gefragt, ob sie ihre Häuser verlassen wollen. 

Hatte nicht jeder von ihnen jemanden, mit dem er, so wie Niko mit Jelena, zusammen sein und zusammenbleiben wollte, unangetastet von der Geschichte?! 

Jemand hatte es ihnen gemeldet. Das von ihr und von Zora. Mit ihnen zusammen waren auch mehrere Männer interniert worden. Unter ihnen auch Zoras Bruder. Der Krieg dauerte monatelang, und Karlo betrieb seine Geschäfte weiter. Wie vor dem Krieg. Nur etwas schneller und mit besseren Resultaten. 

Nikola war schon als Kind nach Zagreb in die Lehre gegangen. Sie waren arm. Zwei Schwestern, er, Mutter und Vater. Der Vater, den Kopf in den Wein getaucht, den Rücken krumm wie der einer Katze über der Milchkanne. Die Mutter über die Singer-Nähmaschine gebeugt, in der Schneiderei bei Karlos, und die Schwestern ... die Schwestern waren jünger als er. Der Vater war Schuster. Der einzige in Bakar. An Arbeit war kein Mangel, aber der Durst war ihm ständig im Weg. Der Durst von Papa Pepe hatte sich für immer zwischen Nikola und seine Kindheit gedrängt. Mit neune war er nach Zagreb gegangen. In Holzschuhen. Und dabei war sein Vater Schuster. 

Wer sie gemeldet hat, weiß er nicht. Und selbst wenn er es wüsste, was hätte er damit sollen. Ihm bleibt nichts anderes als zu warten. Nach Hause zu rudern, in der Hoffnung, dass dort, wenn er zurückkehrt, alles gleich sein wird und dass ihn das Gleiche nicht verlassen hat. 

(...)

 

4.

Toro, wenn Sie sie wenigstens bis Mittag hüten könnten. Da komme ich zum Essen. Später arbeite ich wieder von vier bis acht. Nach dem Mittag finde ich eine Lösung, erklärte Nikola dem jungen italienischen Soldaten, indem er ihm seine vierjährige Tochter anvertraute, etwas dünne Polenta und Patate. Si, signor barbiere, salutierte Vittorio und sah sich im Zimmer um auf der Suche nach dem Mädchen.

Offiziell war Vittorio Ribbetti ein im Magistrat von Bakar stationierter Infanterist der Okkupationsarmee, der auf die kleine Jasna aufpasste, wofür ihn Nikola bezahlte. Nicht viel, aber es reichte für Zigaretten und Schiffszwieback bei Meister Vodomar.

Der Soldat wusste, dass sich Nikolas Frau in ‚seinem’ Lager befand. Lire waren Lire, aber es hatte auch den Anschein, dass er sich wünschte, so weit es in seiner Macht stand, Last und Leid des Krieges, die in diesem Landstrich von seiner Armee verursacht wurden, zu verringern und dem Herrn Barbier, der es sich mit niemandem verdorben hatte, gefällig sein. 

 

5.

Der Krieg ist eine komplizierte Angelegenheit. Meine Großmutter durchlebte ihn im Konzentrationslager Gonars im Nordwesten Italiens. Ohne ihre Mutter geblieben, wurde meine Mutter einem italienischen Soldaten zur Fürsorge anvertraut. Ihr Vater konnte sich allein nicht um sie kümmern. Er musste arbeiten. Jeden Tag außer montags und dienstags nachmittags, wenn ihn Meister Lazar Vorkapić zum Fischefangen mit Herrn Karlo Antić ‚frei’ gab. Unter der Bedingung, zwei Drittel des Fangs jeden Mittwoch in der Barbierstube abzuliefern.

Mein Großvater wartete tagelang, monatelang auf Jelena ... während er seinen Mitbürgern und Militärpersonen die Haare schnitt und sie rasierte und mit den Rudern Karlos viel zu schweren Kahn bis zur Tanka punta zwischen Krk und Cres trieb ... Maledetta bodulia, schimpfte Karlo ... maledetta guerra, hielt ihm Niko die Terz sotto voce, in der Hoffnung, dass das alles eines Tages vorbei sein, dass das alles weggewischt, dass eine Zeit kommen werde, wenn sich alles, was heute das einzige Material seines Lebens darstellte, als Teil von jemandes schiefer Phantasie herausstellen und er wieder das Lied von der Stadt Florenz lieben würde, von der man in alten Zeiten geglaubt hatte, dass die Pest sie vom Angesicht der Erde löschen werde. 

Alles Mögliche hat man geglaubt. Vor allem solche Dinge, die sich nie bewahrheitet hatten. Bisher konnte er in diesem Chaos kein Ende erkennen. Es gab Dringenderes zu tun, als auf das Ende zu warten. Zum Beispiel musste der Fisch, den Nikola mittwochs Meister Lazar brachte, gesäubert sein. Die Okkupation hatte mehr als nur ein Antlitz. 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

o nama

Natječaj nagrade ''Kritična masa'' (8. izdanje) otvoren do 10. prosinca

Kritična masa raspisuje novi natječaj književne nagrade "Kritična masa" za mlade autorice i autore (do 35 godina).
Ovo je osmo izdanje nagrade koja pruža pregled mlađe prozne scene (širi i uži izbor) i promovira nova prozna imena.
Prva nagrada iznosi 700 eura (bruto iznos) i dodjeljuje se uz plaketu.
U konkurenciju ulaze svi dosad neobjavljeni oblici proznih priloga (kratka priča, odlomci iz većih formi, prozne crtice). Osim prozne fikcije, prihvatljivi su i dokumentarni prozni tekstovi te dnevničke forme koji posjeduju književnu dimenziju.
Prethodnih su godina nagradu dobili Ana Rajković, Jelena Zlatar, Marina Gudelj, Mira Petrović, Filip Rutić, Eva Simčić i Ana Predan.
Krajnji rok za slanje prijava je 10.12.2024.
Pravo sudjelovanja imaju autorice i autori rođeni od 10.12.1989. nadalje.

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Robert Aralica: Gugutka

NAGRADA "KRITIČNA MASA" - UŽI IZBOR

Robert Aralica (Šibenik, 1997.) studij hrvatskoga i engleskoga jezika i književnosti završava 2020. godine na Filozofskom fakultetu Sveučilišta u Splitu. U slobodno vrijeme bavi se pisanjem proze i produkcijom elektroničke glazbe. Svoje literarne radove objavljivao je u studentskim časopisima Humanist i The Split Mind. 2022. kriminalističkom pričom Natkrovlje od čempresa osvojio je prvo mjesto na natječaju Kristalna pepeljara. Trenutno je zaposlen u II. i V. splitskoj gimnaziji kao nastavnik hrvatskoga jezika.

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Iva Esterajher: Priče

NAGRADA "KRITIČNA MASA" - UŽI IZBOR

Iva Esterajher (Ljubljana, 1988.) živi i radi u Zagrebu. Diplomirala je politologiju na Fakultetu političkih znanosti. Aktivno se bavi likovnom umjetnošću (crtanje, slikarstvo, grafički rad), fotografijom, kreativnim pisanjem te pisanjem filmskih i glazbenih recenzija. Kratke priče i poezija objavljene su joj u književnim časopisima i na portalima (Urbani vračevi, UBIQ, Astronaut, Strane, NEMA, Afirmator) te je sudjelovala na nekoliko književnih natječaja i manifestacija (Večernji list, Arteist, FantaSTikon, Pamela festival i dr.).

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Nikola Pavičić: Suncem i vremenom opržena tijela

NAGRADA "KRITIČNA MASA" - UŽI IZBOR

Nikola Pavičić (Zagreb, 2004.) živi u Svetoj Nedelji. Pohađa Pravni fakultet Sveučilišta u Zagrebu. Piše, napose poeziju i lirsku prozu, te sa svojim tekstovima nastoji sudjelovati u literarnim natječajima i časopisima. U slobodno vrijeme voli proučavati književnost i povijest te učiti jezike.

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Luca Kozina: Na vjetru lete zmajevi

NAGRADA "KRITIČNA MASA" - UŽI IZBOR

Luca Kozina (Split, 1990.) piše prozu, poeziju i književne kritike. Dobitnica je nagrade Prozak u sklopu koje je 2021. objavljena zbirka priča Važno je imati hobi. Zbirka je ušla u uži izbor nagrade Edo Budiša. Dobitnica je nagrada za poeziju Mak Dizdar i Pisanje na Tanane izdavačke kuće Kontrast u kategoriji Priroda. Dobitnica je nagrade Ulaznica za poeziju. Od 2016. piše književne kritike za portal Booksu. Članica je splitske udruge Pisci za pisce. Zajedno s Ružicom Gašperov i Sarom Kopeczky autorica je knjige Priručnica - od ideje do priče (2023).

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Ana Predan: Neke su stvari neobjašnjivo plave

NAGRADA "KRITIČNA MASA" - UŽI IZBOR

Ana Predan (Pula, 1996.) odrasla je u Vodnjanu. U šestoj godini počinje svirati violinu, a u šesnaestoj pjevati jazz. Po završetku srednje škole seli u Ljubljanu gdje studira međunarodne odnose, a onda u Trst gdje upisuje jazz pjevanje pri tršćanskom konzervatoriju na kojem je diplomirala ove godine s temom radništva u glazbi Istre. U toku studiranja putuje u Estoniju gdje godinu dana provodi na Erasmus+ studentskoj razmjeni. Tada sudjeluje na mnogo vrijednih i važnih projekata, i radi s umjetnicima i prijateljima, a počinje se i odmicati od jazza, te otkriva eksperimentalnu i improviziranu glazbu, te se počinje zanimati za druge, vizualne medije, osobito film. Trenutno živi u Puli, gdje piše za Radio Rojc i predaje violinu u Glazbenoj školi Ivana Matetića-Ronjgova. Piše oduvijek i često, najčešće sebi.

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Eva Simčić: Maksimalizam.

NAGRADA "SEDMICA & KRITIČNA MASA" - UŽI IZBOR

Eva Simčić (Rijeka, 1990.) do sada je kraću prozu objavljivala na stranicama Gradske knjižnice Rijeka, na blogu i Facebook stranici Čovjek-Časopis, Reviji Razpotja i na stranici Air Beletrina. Trenutno živi i radi u Oslu gdje dovršava doktorat iz postjugoslavenske književnosti i kulture.

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Jyrki K. Ihalainen: Izbor iz poezije

Jyrki K. Ihalainen (r. 1957.) finski je pisac, prevoditelj i izdavač. Od 1978. Ihalainen je objavio 34 zbirke poezije na finskom, engleskom i danskom. Njegova prva zbirka poezije, Flesh & Night , objavljena u Christianiji 1978. JK Ihalainen posjeduje izdavačku kuću Palladium Kirjat u sklopu koje sam izrađuje svoje knjige od početka do kraja: piše ih ili prevodi, djeluje kao njihov izdavač, tiska ih u svojoj tiskari u Siuronkoskom i vodi njihovu prodaju. Ihalainenova djela ilustrirali su poznati umjetnici, uključujući Williama S. Burroughsa , Outi Heiskanen i Maritu Liulia. Ihalainen je dobio niz uglednih nagrada u Finskoj: Nuoren Voiman Liito 1995., nagradu za umjetnost Pirkanmaa 1998., nagradu Eino Leino 2010. Od 2003. Ihalainen je umjetnički direktor Anniki Poetry Festivala koji se odvija u Tampereu. Ihalainenova najnovija zbirka pjesama je "Sytykkei", objavljena 2016 . Bavi se i izvođenjem poezije; bio je, između ostalog, gost na albumu Loppuasukas finskog rap izvođača Asa 2008., gdje izvodi tekst pjesme "Alkuasukas".

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Maja Marchig: Izbor iz poezije

Maja Marchig (Rijeka, 1973.) živi u Zagrebu gdje radi kao računovođa. Piše poeziju i kratke priče. Polaznica je više radionica pisanja poezije i proze. Objavljivala je u brojnim časopisima u regiji kao što su Strane, Fantom slobode, Tema i Poezija. Članica literarne organizacije ZLO. Nekoliko puta je bila finalistica hrvatskih i regionalnih književnih natječaja (Natječaja za kratku priču FEKPa 2015., Međunarodnog konkursa za kratku priču “Vranac” 2015., Nagrade Post scriptum za književnost na društvenim mrežama 2019. i 2020. godine). Njena kratka priča “Terapija” osvojila je drugu nagradu na natječaju KROMOmetaFORA2020. 2022. godine objavila je zbirku pjesama Spavajte u čarapama uz potporu za poticanje književnog stvaralaštva Ministarstva kulture i medija Republike Hrvatske u biblioteci Poezija Hrvatskog društva pisaca.

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Juha Kulmala: Izbor iz poezije

Juha Kulmala (r. 1962.) finski je pjesnik koji živi u Turkuu. Njegova zbirka "Pompeijin iloiset päivät" ("Veseli dani Pompeja") dobila je nacionalnu pjesničku nagradu Dancing Bear 2014. koju dodjeljuje finska javna radiotelevizija Yle. A njegova zbirka "Emme ole dodo" ("Mi nismo Dodo") nagrađena je nacionalnom nagradom Jarkko Laine 2011. Kulmalina poezija ukorijenjena je u beatu, nadrealizmu i ekspresionizmu i često se koristi uvrnutim, lakonskim humorom. Pjesme su mu prevedene na više jezika. Nastupao je na mnogim festivalima i klubovima, npr. u Engleskoj, Njemačkoj, Rusiji, Estoniji i Turskoj, ponekad s glazbenicima ili drugim umjetnicima. Također je predsjednik festivala Tjedan poezije u Turkuu.

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