Lyrik

Delimir Rešicki: Poesie

DELIMIR REŠICKI, geboren 1960 in Os.ek. Dort schloss er sein Studium der Kroatistik ab. Poesie, Prosa, Literaturkritik und Medienpublizistik und -essayistik begann er Anfang der achtziger Jahre in allen wichtigeren kroatischen Zeitschriften und anderen Zeitungen zu veröffentlichen. Für seine literarische Arbeit erhielt er bedeutende Literaturpreise. In deutscher Sprache liegt eine Auswahl seiner Gedichte in den Zeitschriften Akzente, Manuskripte und Die Horen vor (beide Frühjar 2008), sowie in der Anthologie Konzert für das Eis; sein Gedichtband Arrhythmie ist beim Verlag Edition Korrespondenzen 2008 erschienen. Im Juli 2008 wurde Rešicki der Hubert-Burda-Preis verliehen.



 

In jenen Tagen, eine nicht anmaßende Aufzeichnung

 

fünfzehn vormittage

sah ich das schulprogramm

bis mich die existenz

zum schnellen, mehrfach untebrochenen erbrechen zwang.

tiere fressen sich vorwiegend gegenseitig, gründlich und endlos

in der berührten natur.

ich bin ein humanist

aber ich habe keine phantasie

deshalb drehe ich immer durch

wenn ich den hund des nachbars sehe

wie er stundenlang regungslos die junge

hüfte des mondes anstarrt, sich erinnert und weint.

 

die millenien, so sagt man, existieren parallel. so esse ich manchmal

vor der vorstellung unbedingt kürbiskerne

singe leise kampfliedchen und aus meiner haut

sprießen dann getreidefelder

in weniger als einem jahr

die die heimatdichter so zärtlich liebkosen.

 

auf den lippen des meeres

ist silvija eingeschlafen, der star des soft-cores und sie träumt von mir

wenn das meer zu sprechen beginnt, wacht sie auf

und erinnert sich an nichts mehr.

 

ich habe keine meinung zu den vandalen,

die gestern nacht hier vor mir

dein archaisches und eitles küchentuch aufpumpten

so beginnt das dritte, aufregendste kapitel von emanuelle

ich werde sowieso alles allein beenden, was sie begonnen haben

wenn du mir morgen

in der küche

den rücken zudrehst.

 

nur deshalb bin ich zweimal in den flur zum rauchen gegangen

und, und ich sah an diesem tag

eine telefonzelle, wie sie leer da steht und vom regen nass wird

vom heißen sommerregen

der irgendwo in den dörfern auf die fahrbahn einschlug

und in den ersten augenblicken des fallens staubwölkchen aufwirbelte

und das war eine der schönsten dinge, die man sehen konnte

in jenen zeiten, sage ich wieder

sah ich die leere telefonzelle

mein verlassenes heim

in dem ich endgültig aphasisch wurde

die straße war schon wieder das vierte

atonale quartett von nichts

die menschen brachten sich in den hauseingängen in sicherheit und

lasen schnell von ihren handflächen,

solange diese noch feucht waren,

die astrologischen zeichen der erneuerung ab.

 

in der unterhaut der telefonschnur

strömten diese ganze zeit lang

meine besten gedichte

ich wusste

wenn ich jetzt den hörer abhebe

wird diese telefonzelle unten zerbersten, ich weiß

weil ich solche tricks sehr oft

in billigen Videoclips gesehen habe

o vienna this means nothing to me...

bald werden sie kommen und die abendliche stadt

mit wasserschläuchen reinigen

noch einmal werden die blätter tropfen trinken mit vernachlässigter ruhe

und die insekten werden die dürstenden stachel

in zermatschte beeren stechen

auf dem markt,

der wie ein leeres telefonsignal

stinkt.

 

 

Christa

 

alles was dir gehört,

dich einsame habe ich aufs spiel gesetzt

und jetzt warte ich ab, auf welche von den sechs

schlafenden würfelflächen der schnee mit seinen lippen fallen wird.

was und in welcher sprache wird der gott sprechen

während in seiner hand der hörer aus brüchigem elfenbein

schwitzen wird.

erinnere dich, in osijek haben wir dem besoffenen taxifahrer

die eingeweide geöffnet um unseren uralten hunger

wenigstens ein bisschen zu vertreiben, aber anstelle des herzens

haben wir auf dem marmorboden des observatoriums

nur einen schneeball gefunden,

der vom rand dieser fernen straße gepflückt wurde.

das taxometer funkelte unter deiner zunge

wie ein ferner planet, auf dem der staub

schlafende engel blind macht,

auf dem jungfrauen auf einen müllhaufen zeigen und sagen:

von hier wurde diese rippe geklaut, hier soll die kamera sterben.

 

die nacht ist ein zärtliches tonband

von dem man, wenn es lange, lange vom schnee

berührt wird,

leise deine stimme vernimmt.

 

in dem augenblick tritt das kind an dich heran und küsst dein haar

als würde es zum letzten mal das meer küssen.

 

 

Heilpflanzen

 

wo sind deine nächsten,

du salbei auf der schlafenden wiese?

 

das ist korrekt verfasst

wir tanzten alle dir zugewandt, schwester

auf dem thron, müde wie pferde

die für einen zuckerwürfel bis nach lepanto gerudert sind

 

was soll ich meinem vater sagen

wenn er mich fragen wird

nach dieser ganzen kohle

die bei deinen teeparties verschwunden war

in einem einzigen tropfen tau?

 

nein, nicht mehr auf dem makadam

wird er sagen, wenn ich ihm

die bilder der hautkrankheiten im medzinischen lexikon zeige.

 

und was ist denn das für ein gesetz

wenn jeder den schlüpfer der mandoline streicheln darf

der im reumütigen wind lacht.

 

was sind das für schlüssel

wenn ich dich jeden tag sehe

wie du aus meinen kranken augen die luft stiehlst?

 

 

Die Weissagung der Vergangenheit

 

ich habe mir einen kieferbaum in den mund gepflanzt.

dafür habe ich mindestens dreißig jahre gebraucht.

ich bin ebenso viele kilometer gelaufen

um einen winzigen knoten auf deinem busen herum.

dafür habe ich immer

eine weiche sommernacht, saubere wäsche und

das gehör gebraucht, dieses ruder aus staub, mit dem ich

entlang deiner haut voranschreite zu den unbekannten logarithmen des morgens.

 

eine ganze dichte schar von krähen

ist heute nacht aus meinem zimmer hinaus gestürzt

aufgeschrocken durch das flüstern von jemandem und

so kam dein morgen, kasiel, aber

du bist nicht da, ich kann nicht schwimmen

es wird mir nie klar sein

wie ich überhaupt gelernt habe fahrrad zu fahren

die luft war wahrscheinlich dunkelblau vor schrecken.

 

cicciolina badet im sonnendunst

der herabsteigt zum polierten florett des tibers

diesem alten blutigen staub

dessen lippen wir gegessen haben.

 

heute noch denke ich

dass die straße eine malaria-hostie ist

über die man laufen muss

bevor du

an den schnee denkst.

 

wir haben uns genommen

wir nehmen uns mit dem mund.

die geometer an der grenze

drücken mit ihren bäuchen bälge aus dem bauch

indem das dunkelblaue feuer auflodert

indem die brandmale unserer freiheit gekocht werden.

ich stehe in der schlange

krempele den linken ärmel hoch

und warte darauf, dass das jod mich

an der spitze der wolke küsst.

 

abendstern, schläfst du

wach auf und küsse auch du mich

in der küche mit der uhr aus lebendem moos, das weint.

wem fließt heißer asphalt über das gesicht

auf wen warten wir,

damit die gerüste von der straße entfernt werden

und wir weiter ziehen können?

 

haben wir, kasiel, wirklich

gevögelt im warmen vogelmist

in den entgeisterten lorbeerblättern

der ersten öffentlichen druckerei, auf den ersten seiten der verfassung

hast du gesagt

zeige niemandem

deine hände

der ganze bahnhof zerplatzt zu einer neujahrsenklave

der zähflüssige wolllüstige punsch

fließt von jeder hausnummer der straße

die straße sagt ihr deshalb

wenn die muscheln weinen

trinkst du diese gekühlten tränen

 

 

Mizar

 

der mizar ist ein stern.

ein besonderes, ein sehr besonderes kleid.

man sagt, dass derjenige, der ihn nicht sieht

und nicht mit seinem blick finden kann

auf dem staubigen himmel, nie den wahren

schlüssel für sein schicksal findet, nie den

am wenigsten schmerzhaften, längsten weg gehen kann.

es ist einige gescheiterte monate her, ...

dass ich gehört habe, dass er vielleicht gestorben ist, dass lux interior gestorben ist.

ich habe immer geglaubt, dass rock lieben

nichts anders bedeutet, als mit den vom ozean nassen händen

und mit lippen voller kleiner wunden vom lebendigen, warmen salz

in das nackte kabel der elektrischen gitarre zu beißen, den mizar nie

zu sehen, den aufgeschreckten piranhas der sonette

den eigenen eingeschrumpften schwanz zu zeigen, die hüften, all das.

der mizar ist, wenn es ihn gibt, der nicht erloschene zigarettenstummel gottes, der

dank einem sinnlosen wunder auch weiterhin glimmt.

lux interior, da bin ich mir sicher, schreitet jetzt entlang dieser leeren

straße, liest ihn vom bürgersteig auf

auf den schon vor langer zeit dieses

motoröl gegossen wurde, in dem sich tag und nacht

blinde jungfrauen lecken, und der himmel wird einsamer

einer seiner uralten

schmerzlosen blauen flecke weniger.

 

 

Ich werde nach Sichuan gehen um dort mit Pandabären zu sterben

 

ich werde nach sichuan gehen.

die sonne wird morgens immer mit einer unbekannten müdigkeit auf der haut wach

und stürzt direkt danach in das gelbe

in das gelbe, bernsteinfarbene meer.

ich werde nach sichuan gehen

mich in das feuchte schießpulver des frühlingswaldes legen und dort sein

mich dort verstecken.

ich werde alle 365 jahre aufwachen und zuschauen

wie aus meinem bauch farnkraut wächst direkt nach oben zu dir, nach oben

o mao, mao

du sitzt jetzt auf einer hohen wolke und

streust goldenen reis auf sichuan.

du hattest mir gesagt, dass ich ein flugzeugträger sein werde,

wenn ich groß bin!

deine haut ist kaltes porzellan auf das ich

mein gesicht zu legen pflegte.

unter meiner stirn hatten sie mir eine kleine metallplatte eingebaut.

ich wusste nicht, wozu sie dient, aber

in der sommerhitze, die von nirgends kam,

fiel ich und kroch dahin

das glühende metall unter meiner stirn brachte mein gehirn zum schmelzen,

meine knochen, alles.

unter meinen füßen wurden die pedale feucht und

ich konnte nicht mehr zu ihr

auf die andere seite von shanghai

obwohl ich dafür einen jeton hatte

ich konnte sie nicht küssen und nicht sehen

und deshalb bin ich jetzt blind und gehe allein

nach sichuan

um dort mit den pandabären zu sterben.

 

 

Die Mandeln in deinem Schoß

 

Jeden Tag fälle ich

jeweils eine wichtige Entscheidung.

In Bezug auf dich,

denn ich bin der einzige von hundert

der sich

ganz bestimmt

deiner nicht erinnert.

 

Es glänzen Getreideären im Rückspiegel des Autos

in dem ich

auf dem Vordersitz

tot sitze

und tote Mandelsetzlinge in deinem Schoß zähle.

 

Weil ich blind bin

kann ich über irgendetwas

wann immer ich es möchte

zu reden aufhören.

 

Zwischen der Erde

und dem ersten Millimeter Luft

gibt es eine unsichtbare

unendlich verdünnte

undurchsichtige Schicht der Einsamkeit

in dem der Mondschein

aus dem Glitzern der Fischschuppen

im Nachtgras auf dem Ufer

und aus den verstreuten Andenken und Erinnerungen

die Engel empfängt.

 

Es ist tatsächlich schrecklich

was ich für den Brand der Strohdächer bezahle

jedes mal wenn du dir wünschst

auf der Straße einzuschlafen.

 

Jeder, der gelaufen ist,

hat das Meer belogen.

 

Er hat mindestens einmal das Meer belogen

wie auch meine Geduld

und er soll deshalb

seine Sandalen nicht in der Ecke ablegen

Nägel in die Wand schlagen

und meinem Bett nahe kommen.

Denn

jeder wird verlieren,

der um zwei Uhr nachts

ganz egal womit und ganz egal wie

mit jemandem handelt

den es nicht gibt.

 

 

Das Gold

 

In meinem Körper

glüht die Asche noch einmal aus

zu einem düstren

schweren und verseuchten Öl

durch das ich verträumt

und bis zu den Fußknöcheln eingetaucht

von einer Wand zur anderen laufe.

 

In dieses Feld fällt das Gold, das der Winter aus deinem Haar

herauskämmt.

 

Aus diesem Gold

hat der Mann, der im Schlaf rückwärts spricht

seine Abendglocken gegossen

und es kam ihm nie mehr der Wunsch sie zu hören

als er ruhig war

und die Felder schliefen in ihrem kalt gewordenen Wachs

aus dem du mir auch heute

vergeblich Hände formst

in dem du mit den Mandeln und mit dem Brot spielst

mit welchen du einst die Schatten heiltest

einer entweichenden Ordnung.

 

Es ist Feiertag

auf den Ackerfeldern füllt der Schnee die Wege

zwischen den gebrochenen Stängeln der Sonnenblumen.

 

Im weißen Licht

hat die weiße Schwinge des Sterbens gewunken

und der goldene Staub von den Augenlidern der Ungeborenen

glitzert überall in der Ödnis.

 

Es war damals

so unmöglich

deine Schritte nicht zu hören

damals als alles

nur noch sich selbst ähnelte.

 

Ausgerechnet so nicht die Bücher

im Regal ordnen

das aufgehört hat Babylon

und Neon zu spielen.

 

Und es gab weder ein einziges Schiff in diesem eisigen Hafen

noch Schatten mit ihren Menschen

und die Gleise sind leer geblieben

und Schienen bewachsen mit vereistem Gras und der Stille

und wir wärmten uns die Hände

neben dem Busch, der in einer Nebenstraße

loderte.

 

In sich erleuchtet

und an sich reduziert

und immer ferner von mir

je näher er dir wurde.

 

 

Die Ungeborenen

 

Weine, weine im Traum, Engel,

erst so werden alle diese Lampen leuchten,

das Öl, die Lampions und die Lampen,

erst so wird der Fluss, in dem du die Hände gewaschen hast

den Saum des Todes berühren

aus dem der Kuss erschaffen ist, über den du wachst.

 

Die Ungeborenen spielen mit ihrem Spielzeug aus goldenen

Spinnweben.

 

All das, was ich nicht mehr kann, liegt für sie

in der Reichweite des Traums.

All das, was für sie in der Reichweite des Traums liegt, fährt

die Straße entlang

und ist mir tot in den Augen.

 

Ich habe ihre Hände geküsst,

ich sah dir in jene fernen, mitleidigen Augen

ohne zu wissen wohin

in diesem stillen Überfluss.

 

 

Das Buch über die Engel

 

Die Sonne fährt durch den Himmel eingehüllt in ihre blutigen Segel.

 

Es gibt viele Treppen von der oberen zur unteren Stadt

wohin Dijana schreitet, die die Sonne im Traum begleitet

und die in ihrem Rucksack die vertrockneten Silbermünzen des Abends

und den kleinen Zweig einer wilden Kirsche trägt.

 

Nachts, an den Kopfenden der Toten,

neben welchen uralte, angstvolle Schatten glimmen,

sagt jemand leise, nah an ihrem Gesicht:

 

Gott wird bald sein verlorenes Buch über die Engel finden,

 

die Engel werden im Kornfeld einschlafen.

Korn wird sich über den Sommer in die saubere

und duftende Schale aus weißem Kalk verstreuen,

ein bodenloser, stiller, ausgetrockneter See,

das Ende dieses stummen Gebets, all diese reifen Körner

werden sich auf seine zugeschlagenen Seiten verstreuen.

 

All das wird einmal so fern von deiner Stimme sein

deine Stimme wird einmal so weit fort von allem sein.

 

Der Sommer dem Sommer einen Kuss, der Winter dem Winter einen Kuss,

das Blut dem Blut im Weinberg einen Kuss, in dem unter dem Schnee

in der Weintraube, die noch reift,

die eine oder andere trockene Beere liegt, und der Zucker in ihr fällt,

fällt auf die Flügel des Engels

in den dunklen, in den roten und weißen Wein.

 

Werde ich je auch diesen Traum vergessen:

 

Die klaren Wasser gefüllt von toten Fischen mit verunstalteter Haut

und das Wasser, das sich schnell in den trüben

und verpesteten Schrecken der Angst verwandelte, in den Magen der Ohnmacht,

den Schlamm des Mundes und

des unaussprechbaren Wunsches nach einer, nach deiner Berührung,

nach der Stelle, an der die Hand mit dem Morgen das Gold ausspült

aus der reinen Leere.

 

 

Die Wissenschaft über dich

 

Die Weinrebe blüht, blüht.

Die Flut flüsterte mir im Traum etwas zu, der Sand ließ

ein Korn nach dem anderen blühen

wie der abendliche Tag.

 

Ich küsste mein verstorbenes Kind.

 

Ich liebte den Staub wie die warme Lippe

von der deine Stimme das Blau geliehen hat.

 

Gott rankt sich um dein Herz.

Die leichte Brise berührt die Gewänder der Engel,

die Straße wird sterben

wenn du deinen Kopf zur Seite drehen wirst

für immer, für immer.

 

Die Nacht wird die Hände all jener essen,

die am Tisch eingeschlafen sind.

 

Und es wird ihren Namen nicht geben

und es wird ihre Asche nicht geben

nicht einmal für einen einzigen Morgen,

ausgerechnet diesen Morgen, den weder du noch ich

sehen

denn allein sein

bedeutet eigentlich

mit tausend anderen zu sein.

 

Nichts kann so wie du

diese blutigen Äderchen erwecken.

 

Woran sollte ich mich erinnern

wenn es dich wirklich gibt?

 

All das worüber du sprichst

all das woran man dich erkennt

ist schon seit langer Zeit geschehen.

 

Aber nicht im Traum

Aber nicht im Traum.

 

 

Pilze und Flechten

 

Die Ärzte

meine Liebste

kamen in unser Tal

viel früher als irgendeine Krankheit

und blieben hier lange

tatenlos sitzen

und blieben hier lange

lange träumend

und ihre Nachfahren wuchsen wie die Flechten

und modrigen Pilze an unseren Händen

 

Deshalb

glaube nicht dem Medizinmann

der in der Frühlingsdämmerung nach dem Regen ruft

und glaube nicht der Stimme

die nach dir ruft

im überheizten Wartesaal der Vorstadtambulanz

 

Es wird nichts gesät sein

auf dem Feld um seine Füße

außer Schmerz und Dorn

und erst ein kleines Knäuel aus Spinnweben

wird manchmal morgens hervorsprießen, eilig geflochten

zwischen den Fingern der Neugeborenen

 

Wenn der Himmel

wirklich

all ihre Gebete erhört

werden eine Million Tropfen

voll von farblosem und geschmacklosem Gift

noch schneller auf die Erde fallen

und niemand wird

von dieser alten Parade verschont

die aus der Höhe

den eingebildeten Durst eines Menschen stillt

 

Dreh dich lieber

im Schlaf

auf die andere Seite des Bettes

zeichne dem toten Seehund einen Fisch auf den Bauch

 

Sei wie die Liebe:

 

vergiss nichts

und verzeihe niemandem etwas!

 

Sei wie der Luftzug durch die blutige Gaze

lass dich

um Gottes Willen

nicht durch sie heilen

 

Horche:

 

die Nachtwachen sammeln verlorene Münzen

von den Bürgersteigen der dunklen Straße

direkt unter diesen Fenstern

 

Mit diesen Münzen

haben wir erneut versucht Judas und seine Söhne

zu bestechen

aber

 

Judas und all seine Söhne

sind schon vor langer Zeit

in ihr Königreich aus Silikon umgezogen

 

Lass alle sich

eine Minute vor Mitternacht

in den Tag verlieben

 

Lass, dass nichts ihre Welt verändert

lass, dass nichts ihre Welt verändert

 

denn

 

es wird verunglücken

jeder, der dieses Krankenhaus nicht kennt

wie sein eigenes Herz:

 

Jai Guru Deva Om

 

 

Neon spielte Lyra

 

Neon spielte Lyra

 

Von ihm

mehr als von irgendjemandem anderen

haben so viele spätere Spielmänner spielen gelernt

die auch heute

ihre besten Strophen verfassen

während sie beobachten, wie fremde Dächer brennen

und die so viele fremde Fenster

in Blindheit vernageln

 

Das sind jene

die in den Märchen Streichhölzer von Waisenkindern kaufen

 

Das sind jene, die kommen

wenn die Ohnmacht den Hunger ersetzt

und bieten dir dann das Brot von Gestern

und das Lied von Morgen

 

 

Die Krähe

 

Und ich gehe nicht über das Feld

Denn im Feld ist die schwarze Krähe

Denn im Feld sind die Nacht und der Tag...

Josip Murn

 

Auf einem uralten Bild

kehrt ein einsamer Ackerbauer

in der Abenddämmerung

müde in sein Dorf zurück

auf einem staubigen Weg

durch die reifen Felder

 

Häufig zwang mich etwas

ihm im Traum zu begegnen

und auf diesem gleichen Weg im Bild

in der frühabendlichen Kühle

dorthin zurück zu kehren

von wo er jetzt

gerade kommt

 

Sowohl mich hier

wie auch ihn dort in diesem abgenutzten Bild

beobachteten gleichzeitig

die weisen Augen der Krähe

und diese glatten schwarzen Flügel

streichelten unseren Verstand

und heilten unseren Blick

als hätten diese Vögel

die Kleider der Heilsarmee übergestreift

bis zu den Zähnen entwaffnet durch unsere Unfähigkeit

uns von dem Ort zu rühren

auf dem der Schimmel frisst

unser Hab und Gut

das schon hundertmal

von den Horden des Krieges und den Horden des Friedens

geplündert wurde und das wir

von unseren Vätern und unseren Müttern geerbt haben

 

Im Herzen jedes dieser Vögel

hat dein Vater für dich eine Brücke gebaut

die von deinem letzten Schritt

in das Schneeweiß

zusammenbrechen wird

 

Wenn du dich dann umdrehst

wirst du dich noch einmal sehen

wie du weit zurückläufst über diese Felder

 

in den heißen Essig

in den eisigen Frieden

 

ich aber werde

morgen über die Felder gehen

 

 

Aus dem Kroatischen von

Alida Bremer

 

o nama

Natječaj nagrade ''Kritična masa'' (8. izdanje) otvoren do 10. prosinca

Kritična masa raspisuje novi natječaj književne nagrade "Kritična masa" za mlade autorice i autore (do 35 godina).
Ovo je osmo izdanje nagrade koja pruža pregled mlađe prozne scene (širi i uži izbor) i promovira nova prozna imena.
Prva nagrada iznosi 700 eura (bruto iznos) i dodjeljuje se uz plaketu.
U konkurenciju ulaze svi dosad neobjavljeni oblici proznih priloga (kratka priča, odlomci iz većih formi, prozne crtice). Osim prozne fikcije, prihvatljivi su i dokumentarni prozni tekstovi te dnevničke forme koji posjeduju književnu dimenziju.
Prethodnih su godina nagradu dobili Ana Rajković, Jelena Zlatar, Marina Gudelj, Mira Petrović, Filip Rutić, Eva Simčić i Ana Predan.
Krajnji rok za slanje prijava je 10.12.2024.
Pravo sudjelovanja imaju autorice i autori rođeni od 10.12.1989. nadalje.

proza

Robert Aralica: Gugutka

NAGRADA "KRITIČNA MASA" - UŽI IZBOR

Robert Aralica (Šibenik, 1997.) studij hrvatskoga i engleskoga jezika i književnosti završava 2020. godine na Filozofskom fakultetu Sveučilišta u Splitu. U slobodno vrijeme bavi se pisanjem proze i produkcijom elektroničke glazbe. Svoje literarne radove objavljivao je u studentskim časopisima Humanist i The Split Mind. 2022. kriminalističkom pričom Natkrovlje od čempresa osvojio je prvo mjesto na natječaju Kristalna pepeljara. Trenutno je zaposlen u II. i V. splitskoj gimnaziji kao nastavnik hrvatskoga jezika.

proza

Iva Esterajher: Priče

NAGRADA "KRITIČNA MASA" - UŽI IZBOR

Iva Esterajher (Ljubljana, 1988.) živi i radi u Zagrebu. Diplomirala je politologiju na Fakultetu političkih znanosti. Aktivno se bavi likovnom umjetnošću (crtanje, slikarstvo, grafički rad), fotografijom, kreativnim pisanjem te pisanjem filmskih i glazbenih recenzija. Kratke priče i poezija objavljene su joj u književnim časopisima i na portalima (Urbani vračevi, UBIQ, Astronaut, Strane, NEMA, Afirmator) te je sudjelovala na nekoliko književnih natječaja i manifestacija (Večernji list, Arteist, FantaSTikon, Pamela festival i dr.).

proza

Nikola Pavičić: Suncem i vremenom opržena tijela

NAGRADA "KRITIČNA MASA" - UŽI IZBOR

Nikola Pavičić (Zagreb, 2004.) živi u Svetoj Nedelji. Pohađa Pravni fakultet Sveučilišta u Zagrebu. Piše, napose poeziju i lirsku prozu, te sa svojim tekstovima nastoji sudjelovati u literarnim natječajima i časopisima. U slobodno vrijeme voli proučavati književnost i povijest te učiti jezike.

proza

Luca Kozina: Na vjetru lete zmajevi

NAGRADA "KRITIČNA MASA" - UŽI IZBOR

Luca Kozina (Split, 1990.) piše prozu, poeziju i književne kritike. Dobitnica je nagrade Prozak u sklopu koje je 2021. objavljena zbirka priča Važno je imati hobi. Zbirka je ušla u uži izbor nagrade Edo Budiša. Dobitnica je nagrada za poeziju Mak Dizdar i Pisanje na Tanane izdavačke kuće Kontrast u kategoriji Priroda. Dobitnica je nagrade Ulaznica za poeziju. Od 2016. piše književne kritike za portal Booksu. Članica je splitske udruge Pisci za pisce. Zajedno s Ružicom Gašperov i Sarom Kopeczky autorica je knjige Priručnica - od ideje do priče (2023).

proza

Ana Predan: Neke su stvari neobjašnjivo plave

NAGRADA "KRITIČNA MASA" - UŽI IZBOR

Ana Predan (Pula, 1996.) odrasla je u Vodnjanu. U šestoj godini počinje svirati violinu, a u šesnaestoj pjevati jazz. Po završetku srednje škole seli u Ljubljanu gdje studira međunarodne odnose, a onda u Trst gdje upisuje jazz pjevanje pri tršćanskom konzervatoriju na kojem je diplomirala ove godine s temom radništva u glazbi Istre. U toku studiranja putuje u Estoniju gdje godinu dana provodi na Erasmus+ studentskoj razmjeni. Tada sudjeluje na mnogo vrijednih i važnih projekata, i radi s umjetnicima i prijateljima, a počinje se i odmicati od jazza, te otkriva eksperimentalnu i improviziranu glazbu, te se počinje zanimati za druge, vizualne medije, osobito film. Trenutno živi u Puli, gdje piše za Radio Rojc i predaje violinu u Glazbenoj školi Ivana Matetića-Ronjgova. Piše oduvijek i često, najčešće sebi.

proza

Eva Simčić: Maksimalizam.

NAGRADA "SEDMICA & KRITIČNA MASA" - UŽI IZBOR

Eva Simčić (Rijeka, 1990.) do sada je kraću prozu objavljivala na stranicama Gradske knjižnice Rijeka, na blogu i Facebook stranici Čovjek-Časopis, Reviji Razpotja i na stranici Air Beletrina. Trenutno živi i radi u Oslu gdje dovršava doktorat iz postjugoslavenske književnosti i kulture.

poezija

Jyrki K. Ihalainen: Izbor iz poezije

Jyrki K. Ihalainen (r. 1957.) finski je pisac, prevoditelj i izdavač. Od 1978. Ihalainen je objavio 34 zbirke poezije na finskom, engleskom i danskom. Njegova prva zbirka poezije, Flesh & Night , objavljena u Christianiji 1978. JK Ihalainen posjeduje izdavačku kuću Palladium Kirjat u sklopu koje sam izrađuje svoje knjige od početka do kraja: piše ih ili prevodi, djeluje kao njihov izdavač, tiska ih u svojoj tiskari u Siuronkoskom i vodi njihovu prodaju. Ihalainenova djela ilustrirali su poznati umjetnici, uključujući Williama S. Burroughsa , Outi Heiskanen i Maritu Liulia. Ihalainen je dobio niz uglednih nagrada u Finskoj: Nuoren Voiman Liito 1995., nagradu za umjetnost Pirkanmaa 1998., nagradu Eino Leino 2010. Od 2003. Ihalainen je umjetnički direktor Anniki Poetry Festivala koji se odvija u Tampereu. Ihalainenova najnovija zbirka pjesama je "Sytykkei", objavljena 2016 . Bavi se i izvođenjem poezije; bio je, između ostalog, gost na albumu Loppuasukas finskog rap izvođača Asa 2008., gdje izvodi tekst pjesme "Alkuasukas".

poezija

Maja Marchig: Izbor iz poezije

Maja Marchig (Rijeka, 1973.) živi u Zagrebu gdje radi kao računovođa. Piše poeziju i kratke priče. Polaznica je više radionica pisanja poezije i proze. Objavljivala je u brojnim časopisima u regiji kao što su Strane, Fantom slobode, Tema i Poezija. Članica literarne organizacije ZLO. Nekoliko puta je bila finalistica hrvatskih i regionalnih književnih natječaja (Natječaja za kratku priču FEKPa 2015., Međunarodnog konkursa za kratku priču “Vranac” 2015., Nagrade Post scriptum za književnost na društvenim mrežama 2019. i 2020. godine). Njena kratka priča “Terapija” osvojila je drugu nagradu na natječaju KROMOmetaFORA2020. 2022. godine objavila je zbirku pjesama Spavajte u čarapama uz potporu za poticanje književnog stvaralaštva Ministarstva kulture i medija Republike Hrvatske u biblioteci Poezija Hrvatskog društva pisaca.

poezija

Juha Kulmala: Izbor iz poezije

Juha Kulmala (r. 1962.) finski je pjesnik koji živi u Turkuu. Njegova zbirka "Pompeijin iloiset päivät" ("Veseli dani Pompeja") dobila je nacionalnu pjesničku nagradu Dancing Bear 2014. koju dodjeljuje finska javna radiotelevizija Yle. A njegova zbirka "Emme ole dodo" ("Mi nismo Dodo") nagrađena je nacionalnom nagradom Jarkko Laine 2011. Kulmalina poezija ukorijenjena je u beatu, nadrealizmu i ekspresionizmu i često se koristi uvrnutim, lakonskim humorom. Pjesme su mu prevedene na više jezika. Nastupao je na mnogim festivalima i klubovima, npr. u Engleskoj, Njemačkoj, Rusiji, Estoniji i Turskoj, ponekad s glazbenicima ili drugim umjetnicima. Također je predsjednik festivala Tjedan poezije u Turkuu.

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