Vesna Parun war eine der angesehensten kroatischen Schriftstellerinnen.
»In einer von Männern, Institutionen und Ideologien beherrschten Gesellschaft hatte die Dichterin, die ein großes Opus hinterlässt, kein einfaches Leben, doch auch sie machte es ihrer Umgebung nicht leicht und sie verschonte niemanden in ihren luziden, polemischen, satirischen Gedichten.«
Alida Bremer
Tea Benčić Rimay: Chronologie: Vesna Parun
1922
Vesna Parun wird am 10. April auf der Insel Zlarin nahe bei Šibenik geboren, wo ihr Vater als Gemeindebeamter beschäftigt ist, oft aber versetzt wird oder auch arbeitslos ist, weshalb es die Familie mit ihren vier Kindern nicht leicht hat. Aus diesem Grund verbringt Vesna Parun einen Großteil ihrer Kindheit und Jugend bei ihrer Tante und ihrem Onkel in Split, in Biograd na Moru und in Šibenik. Ihr Vater Ante stammt von der Insel Prvić, ihre Mutter von der Insel Šolta.
1932
Sehr früh schon beginnt sie zu schreiben. Ihr erstes Gedicht Pramalje (Der Lenz), geschrieben auf der Insel Vis, wo sie die Grundschule besucht, veröffentlicht sie im Alter von zehn Jahren (1932) in dem Blättchen Der Schutzengel.
1938
Das Gedicht Zov (Der Ruf) veröffentlicht sie 1938 in der Zeitschrift Sjeme (Der Samen), die von einem Jungengymnasium herausgegeben wird, und deren Redakteure Jure Kaštelan und Živko Jelić sind. In diesem Gedicht erkennt man schon den Leitgedanken von Vesna Paruns Poesie: einen Lobgesang auf das Leben, auf Arbeit und Mut.
1940
Das Gymnasium besucht sie in Šibenik und Split, wo sie ihr Abitur besteht. Sie ist eine ausgezeichnete Schülerin und schon mit 13 Jahren gibt sie Nachhilfestunden und verdient sich so ihren Lebensunterhalt. Im Herbst 1940 wird sie in die Philosophische Fakultät in Zagreb aufgenommen und studiert Romanistik. Dann bricht der Krieg aus, sie flieht nach Split und kehrt 1942 nach Zagreb zu ihrer Familie zurück, wo ihr Vater damals in Sesvete, einem Vorort Zagrebs, in der Gemeinde beschäftigt ist. Ihr Bruder geht zu den Partisanen und fällt bald darauf. Zu jener Zeit ist Vesna Parun oft krank.
1947
Sie veröffentlicht den Gedichtband Zore i vihori (Morgenrot und Wirbelsturm), der einen bedeutenden Wendepunkt in der kroatischen Poesie darstellt. Es handelt sich hier um träumerische Gedichte voller Bilder, Symbole, Ahnungen. Einerseits begeistert sie das Leben, andererseits lässt die Ruhelosigkeit des Krieges und der Nachkriegszeit sie eine neue Zeit der Begrenzungen und der Unfreiheit erafhnen. So stellt ihre erste Gedichtsammlung Zore i vihori den Beginn der modernen Poesie dar. Noch wichtiger zu erwähnen aber ist, dass sich nach einer sozialistischrealistischen Literatur endlich eine andere, persönlichere Art des Dichtens zu entwickeln beginnt. Vesna Parun zeigt schon mit diesem ersten Gedichtband eine Welt besonderer Empfindsamkeit, voller Güte und Verzeihen, Liebe und Opfer. Das Wort „Morgenrot“ wird später in Vesna Paruns Poesie sogar die düstersten Augenblicke und die schlimmsten Stürme, die in ihr Leben hereinbrechen, erhellen. In ihren ersten Gedichten finden wir natürliche und unschuldige Ehrlichkeit, Gedichte vom Körper und Frühling, von der Jungfräulichkeit und dem üppigen September (Titel der Gedichte), die in den fünfziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts völlig verrückt geklungen haben müssen in der noch konservativen kroatischen Poesie und Kritik. Eins der bedeutendsten Gedichte der Sammlung ist das anthologische Gedicht Mati čovjekova (Die Mutter des Menschen). Man erlebt es zuerst als eigene Erfahrung des Daseins, das in einem bestimmten Augenblick so unerträglich wird, dass man dem entsagt, der uns erschuf. Die Gestalt der Frau als Mutter wird bildhaft in animalische (Bär, Schlange) oder sogar unbewegliche, zum Gegenstand gewordene Surrogate (Stein) verwandelt. Das Schockante des letzten Verses der ersten Strophe: Es wäre besser, dass mich ein wildes Tier mit dem Euter gesäugt, als eine Frau wird in der zweiten Strophe vollkommen gemildert, da die ganze Strophe auf Vogelflügeln in die Höhe fliegen und uns mit dem archetypischen Bild des Baums, der duftenden und blühenden Linde (der Baum der Kindheit!) beruhigen wird. Der freimütige Ausruf des ersten Verses am Anfang des Gedichts scheint aus dem Mund eines zürnenden Mädchens am Bach zu stammen – wie ein geflügeltes Wort oder sogar ein Fluch: Besser, du hättest den schwarzen Winter geboren, o Mutter. Dies ist ein Zivilisationsgedicht, das in seiner hilflosen Schönheit Boden und Höhe, Weltlichkeit und Heiligkeit des menschlichen Wesens entzweibricht. Dieses Gedicht lernten viele Menschen auswendig, denn es befindet sich im Lesebuch der Schulen. Es besitzt – entwickelt innerhalb einer pyramidalen Konstruktion – die Kanons eines befestigten und stabilen Bodens, einer Höhle; durch die Steigerung der Auswahl von Lexemen, die eigentlich antithetische Pole des Gedichts sind, steigt es in die Höhe bis zum Vogel – von der Schlange im Nest bis zum Lamm, dem sanften Jungen, von Wind und Kälte zum wärmenden Flügel, zu Zärtlichkeit und Tränen. So erschafft die Dichterin ein wunderbares, wirkliches Gedicht, aus dem schon seit langer Zeit die Botschaft des letzten Verses widerhallt: Es ist bitter ein Mensch zu sein, wenn Messer und Mensch sich verbrüdern.
Nach Kriegsende setzt Vesna Parun ihr Studium an der Philosophischen Fakultät fort, studiert aber jetzt reine Philosophie. 1947 hilft sie beim Bau der Eisenbahnstrecke Šamac – Sarajevo, erkrankt an Typhus, und erlebt gleichzeitig die Krise einer unglücklichen Liebe, die 1938 begonnen hatte. Aus all diesen Gründen hatte sie ihr Studium unterbrochen.
1948
Nachdem die Kritik ihre erste Gedichtsammlung verrissen hat, veröffentlicht die Dichterin ein Buch, das 120 Gedichte mit je vier Strophen enthält, und zeigte damit, dass sie auch ganz anders schreiben kann, ruhig, monoton, mit gleichmäßigen Reimen. Sie nennt es einfach Pjesme (Gedichte), aber schon sehr bald kehrt sie zu ihrer authentischen Schreibweise zurück.
1955
Es erscheint der Sammelband Crna maslina (Der schwarze Olivenbaum), von dem viele behaupten, es sei der vollständigste und beste Gedichtband der damaligen kroatischen Poesie. Crna maslina ist ein Buch der Liebeslieder, ein wenig von der Bibel inspiriert, in dem sich die mystische Liebe nach vielen Richtungen hin erstreckt (die Liebe der Frau, der Mutter, zwischenmenschliche Kommunikation usw.). Hier treffen wir auf Gegensätze, wie Wachen und Träumen, Stille und Leidenschaftlichkeit, Möglichkeit und Unmöglichkeit, Imagination und Kreation. In Vesna Paruns Poesie finden wir Unschuld und kindliche Begeisterung, ganz besonders aber flammende Sinnlichkeit, unbändige Wildheit in Sprache und Thematik, was eigentlich die besten Eigenschaften ihrer Gedichte sind. Später wird die Dichterin ehrlich verwundert sein über das Böse und den Chaos in der Welt, den die Menschen verursachen, denn sie glaubte, allein die Liebe setze die Welt in Bewegung. In der Gedichtsammlung Crna maslina befindet sich das anthologische Gedicht Ti koja imaš nevinije ruke (Du deren Hände unschuldiger sind). Völlig ergeben, sich der Gewalt der Emotionen überlassend, bietet sie der Welt den Ursprung der Unverfälschtheit und erwartet mit kindlicher Naivität, dass ihr eine solche Liebe auf die gleiche Weise zurückgegeben wird. So erwacht ihre spätere Poesie aus einem kindlichen Traum. Bald schon wird sie von dem erahnten Wirbelsturm erfasst, nicht nur vom Krieg und der Nachkriegszeit, sondern auch vom Krieg in der menschlichen Seele (Das Übel der Liebe; Der Schmerz, ein Mensch zu sein), die unfähig ist, die Ursprünglichkeit fremder und eigener Empfindsamkeit anzunehmen und die Schönheit und Kraft einer reinen Seele, die sich im Schmutz der Welt befindet, zu erkennen.
1957 – 1959
Wie Vesna Parun in Zore i Vihori schon eine lebhafte Herde von Worten zur Quelle im hellen Tal treibt, so zeigt sie in Crna maslina und zwei Jahre später in den Gedichtbänden Vidrama vjerna (Den Fischottern treu) und Ropstvo (Sklaverei) (1957) und besonders in den Gedichtsammlungen Pusti da otpočinem (Lass mich ausruhen) (1958), Ti i nikad (Du und nie) und Koralj vraćen moru (Die dem Meer zurückgegebene Koralle) (1959) ein wundersames Wachsen von Sinnlichem, Imaginativem, Traumhaftem, Mythologischem. Ihre dichterischen Ausgangspunkte befinden sich nahe biblischer Quellen, ihre Themen sind eigentlich Ideen der Liebe aber auch des Leidens am Schicksal. Die Tiefe der Empfindsamkeit, die schon für Dora Pfanova charakteristisch war, wird bei Vesna Parun noch verstärkt durch Sensualität, Wollust, Erotik. Unmerklich und leise erscheinen die Liebe und der Mond in der kroatischen Poesie, und wie eine mythologische und märchenhafte Metapher sagt: archaische Lilien werden Wirklichkeit werden.
1960 – 1967
Von 1962 bis 1967 hält Vesna Parun sich in Bulgarien auf, wo sie heiratet, sich scheiden lässt und eine neue Reihe von Missgeschicken erlebt. Seitdem wohnt sie meist in Zagreb und arbeitet als freischaffende Schriftstellerin. Ununterbrochen veröffentlicht sie neue Gedichtbände: Konjanik (Der Reiter), 1961; Jao jutro (O weh, du Morgen), 1963; Bila sam dječak (Ich war ein Junge), 1963; Vjetar Trakije (Der Wind von Thrakien), 1964; Pjesme (Gedichte), 1964; Gong (Der Gong), 1966; Otvorena vrata (Eine offene Tür), 1968; Ukleti dažd (Der verwunschene Regen), 1969; Tragom Magde Isanos (Auf den Spuren der Magda Isanos), 1971.
1968 – 1976
Fabel, Märchen und Mythos sind unerschöpflicher Ausgangspunkt fast jeder Form der Literatur Vesna Paruns. Ihre Wut wird immer in Gesang umgeformt, ihre Satire ist verbal unterschiedlich. Sie veröffentlicht rund zehn Kinderbücher: Gedichte, gereimte Geschichten und Romane: Mačak Džingiskan i Miki Trasi (Kater Dschingis-Khan und Miki Trasi), 1968; Mačak na mjesecu (Der Kater auf dem Mond), 1969; Miki trasi i baka Pim Bako (Miki Trasi und Oma Pim Bako), 1968; Miki slavni kapetan (Miki der brühmte Kapitän), 1970.
1972 veröffentlicht sie ein Buch mit 100 Sonetten. Ihre spezifische Art des Sonett-Schreibens betrachten zuerst viele nicht als Qualität, aber später – wie es schon so oft bei der Kritik von Vesna Paruns Büchern geschah – wird in ihren Sonetten die ganze Virtuosität ihres Könnens und die unglaubliche Fähigkeit, die gedrängte Metaphorik in 14 Verse in RenaissanceForm zu bringen, entdeckt. Es folgen die Gedichtsammlungen Karneval u Kukljici (Karneval in Kukljica), 1974 und Apokaliptične basne (Apo kalyptische Fabeln); danach Poznanstvo s danima malog Maksima (Die Tage des kleinen Maxim), 1974; Igre pred oluju (Spiele vor dem Sturm), 1979 usw. Vesna Parun sagt: „Ich möchte mein eigenes Forschungsvorgehen darlegen, damit ein anderer, der all das nicht auf diese Weise erlebte, an meiner Erfahrung – die potentiell auch die seine ist – seine eigenen Assoziationen und sein eigenes Wissen, das wiederum potentiell auch das meine ist, anknüpfen kann. Sich als Nachkommen der gleichen uralten Fantasien dieser Welt zu fühlen, bedeutet, sich an den Traum unserer gemeinsamen, weit zurückliegenden Vergangenheit zu erinnern und geistig unbekümmert eins zu werden mit ihr – wenigstens für jenen verzauberten zeitlosen Augenblick, solange im Märchen die notwendige Verwandlung der Schlangenzunge in eine menschliche, der archetypischen in eine kommunikative dauert.“
Gerade die eben angedeutete Kommunikation, die eine wichtige Charakteristik der Poesie Vesna Paruns darstellt, ist etwas Paradoxes, wenn wir an die fast ununterbrochene Metaphorik ihrer Gedichte denken, an ihr Personifizieren, die Synedochen, den Abstieg in mythische und archetypische Schichten des Bildhaften, tausend Fuß tief unter der Erde! Verständlich und klar zu sein auch bei der schwierigsten Aussage, ist ebenfalls ein Zeichen der Kraft dieser Poesie, wie auch ihrer sehr anspruchsvollen Prosagedichte.
1987
Sie veröffentlicht den Prosaband Pod muškim kišobranom (Unter dem Männerschirm). Hier versucht sie zu erklären, dass die Prosa, zum Unterschied von Poesie, ein Ort ist, an dem sie das Meditative ihres Wesens ausdrücken kann. Außerdem befinden sich in diesem Band polemische Feuilletons, in denen sie auf satyrische und sehr zynische Weise ihre Beziehung zur Gesellschaft, in der sie lebt, darstellt.
1988
Es erscheint das Buch Krv svjedoka (Das Blut des Zeugen), ein echtes buntes Herbarium autobiografischer Notizen, Reisebeschreibungen, Essays, Künstlerportraits. Stilistisch treten hier hauptsächlich das Poetische, ihre mediterrane abenteuerliche Fantasie und das starke Bedürfnis, ihre Persönlichkeit möglichst genau darzustellen, in Erscheinung.
1989
Der Reichtum und die Gliederung der Sprache, ihre metaphorischen Syntagmen, die übernatürlichen und kindlichen Landschaften, führen die Dichterin spontan und unmittelbar zum Prosagedicht, das man von der märchenhaften Kurzgeschichte unterscheiden muss (z. B. Molitva za Ardžuninu strijelu – Ein Gebet für den Pfeil des Ardschunin oder Lešina marabu ptice – Der Kadaver des Vogels Marabu), das aber bei Vesna Parun besonders hervorzuheben ist wie spezifische Kristalle eines langjährigen Spiels mit der Poesie, das aufhört ein Spiel zu sein und zum heiligen Ort der Beichte wird. Wir finden bei ihr nur sehr wenig Prosagedichte, die sie alle sehr spät herausgibt (wenn man bedenkt, dass schon seit 1947 ihre Gedichte veröffentlicht werden). Den Zyklus Krv svjedoka i cvijet (Das Blut des Zeugen und die Blume) schreibt sie 1989 als Fortsetzung des vorigen Buches.
1990
Es erscheint der hervorragende Prosagedichtband Indigo-grad (Die Indigo-Stadt), über den nur sehr wenig geschrieben wurde. In diesen Prosagedichten wird der Ausdruck knapp, während die Dichte des Deskriptiven es erlaubt, Wörter, nicht aber Gedanken zu wiederholen. Der Gedanke in ihren Gedichten erweitert und breitet sich geradezu aus, begleitet von einer immer größeren Farbenvielfalt – angefangen von hellgelb, orange und feuerrot, über indigoblau, mondscheinblau, bis schwarz (das schwarze Meer). Interessant auch für eine weitere Analyse ist es zu erfahren, wie die Dichterin selbst über ihr lyrisches Vorgehen in ausführlichen und polemischen Essays spricht. Da der Weg vom Gedicht zum Prosagedicht lang ist, muss auch theoretisch dieser Weg stufenweise erklärt werden. Vesna Parun wird sich während des Schreibens von Poesie über ihre eigene Vorgehensweise bewusst, begibt sich zur Quelle ihrer irgendwo entstandenen Landschaften und Bilder. Ihre Luzidität und oft schneidende Scharfsinnigkeit, die sie in der Poesie wie auch im Leben ausbreitet, bewahren die innere angehäufte Kraft, aus der ihr Gedicht wie aus einer unversiegbaren Quelle erwächst. Dieser Erforscher des Gedichts wacht jetzt ununterbrochen über ihrer Poe- sie. Wie oft sagte ich mitten in der Nacht: Adieu, ihr Feuer! Ich gehe für immer einer wunderbaren Einsam- keit entgegen..., sagt die Dichterin in einem Sonett. Wenn es scheint, dass sie sich in ihren ersten Gedichten manchmal am Rand des Sentimentalen, Romantischen, allzu Empfindsamen oder allzu Hingebungsvollen bewegt (obwohl sie nie ins Pathetische abgleitet), in den neueren Gedichten, besonders in der Sammlung Indigo-grad (ihre reifste, wichtigste und poetisch stärkste Sammlung) zeigt sie die Ursprünge ihrer Empfindsamkeit, den Kontext von Ursache und Wirkung, lässt das Gedicht als Ganzes, sowie seine Struktur harmonischer werden. Wenn für Vesna Krmpotić die Poesie der vom Vogel gelöste Flug ist, so ist für Vesna Parun die Poesie der Vogel selbst, der nicht oberflächlich wie der Mensch ist, der weiß, dass das Schlagen des Herzens unter der Erde noch stärker ertönt, und statt der beruhigenden Klänge eines Schlaflieds müsste der ganze Wald das Dröhnen des unterirdischen Raums, das der Schmerz hervorrief, hören.
1991
Sie veröffentlicht ein Buch mit Sonettenkränzen, einer Reihe unaufhaltbarer, beweglicher, klarer Verse, gebettet in den Rhythmus und die Harmonie reimender Vierzeiler und Terzetts – Sonet o čistoći (Sonett über die Reinheit); Sonet o naranči (Sonett über eine Apfelsine); Sonet o proljetnoj ptici (Sonett über einen Frühlingsvogel). In den neunziger Jahren engt die Dichterin selbstbewusst die breiten Spektren ihres dichterischen Vokabulars ein und „entblättert“ – wie Tin Ujević – das Gedicht bis auf die nackte Haut, kürzt die Länge der Verse. Durch ihr ganzes dichterisches Opus, ohne Rücksicht auf den Wandel der Form ihrer Gedichte, zieht sich beharrlich eine Diagonale, eine jetzt schon reife on- tologische Kategorie ihrer Poesie, in deren Aufbau Liebe, Träume, Freiheit die Basis bilden. Vesna Parun hört nie auf zu lieben und in der Liebe zu unterweisen, zu träumen und im Träumen zu unterweisen, dem weißen Faden der Freiheit zu folgen. Sie bleibt ihrer Begeisterung für die Liebe treu, der feurigen Leidenschaft und deren Echo, dem Widerschein – wie Dora Pfanova sagt. Auch Vesna Parun nimmt in ihren dichterischen Schoß dieses Wort auf, denn auch sie hat wie Dora Pfanova ihre bitteren Wünsche in einem altertümlichen Kästchen der Wind aufbewahrt, das sie einsam an eine Weg- kreuzung stellte – damit jedes Men- schen Geheimnis daraus widerschei- nen soll.
1993 – 2000
Sie veröffentlicht die Gedichtsammlungen Tronožac koji hoda (Der wandelnde Schemel), 1993; Začarana čarobnica (Die verzauberte Zauberin), 1993; Izbor iz djela (Aus ihren Werken), 1995; Ptica vremena (Der Zeitvogel), 1996; Smijeh od smrti jači (Das den Tod besiegende Lachen), 1997; Pelin basne (Wermut der Fabel), 1998; Spužvica i spužva (Schwämmchen und Schwamm), 1999; Političko Valentinovo (Ein politischer Valentinstag), 2000; Grijeh smrti (Die Sünde des Todes), 2000.
1995 übersetzt Vesna Parun Gedichte von Heine, Rilke und Goethe.
Das Meer ist eine unerschöpfliches Thema in der Dichterin Poesie. Eher könnte man sagen, das Meer ist ihr dichterischer Spiegel – es spiegelt ihre Seele bei jedem Wetter wider, in guten und in schlechten Zeiten, weshalb sie sagt, wenn du den Weg in meine Seele suchst, führe mich zum stürmischen Meer, oder sie gibt sogar die Wiege dem Meer zurück oder sie selbst ist das Meer von Wut umhüllt. Vor dem Meer, wie auch vor dem Tod, hat sie keine Geheimnisse. Das gleiche Meer entwickelt sich zum Symbol, wenn die Metapher sich selbst überragt, das Zeichen umfasst, das in seiner Größe die kontrapunktischen Motive von Liebe und Tod, Erde und Mond, Heiterkeit und Wut annehmen kann. So entdecken wir noch eine erstaunliche Verfahrensweise in der Poesie Vesna Paruns – sie verschiebt, schmelzt Symbole, denn das gleiche Meer kann auch in seiner Identifikation mit der Seele verschwinden, hinter die andere Seite des Spiegels gelangen (einzig und allein die Poesie ist stärker als das Meer!). Verschwinden heißt nicht sterben, im Gegenteil: In eine milde Schatzkammer treten und seine Blüte hineintragen.
Das Meer verschwindet vielleicht, aber es stirbt nicht, sagt die Dichterin. So verschwindet wahrscheinlich auch die Seele, ohne etwas von dem zauberhaften Tod zu wissen, den sie nur mit dem Saum des Flügels flüchtig berührte! Die Seele verschwindet und nimmt das, was in ihr aus Gottes Hand erblühte, in eine unendlich milde Schatzkammer mit.
Was ereignet sich eigentlich in jener unendlich milden Schatzkammer, in die das Meer und die Seele ihre Geheimnisse bringen? Es ereignet sich das Gedicht, denn gerade Vesna Parun zeigt und beweist, dass die Poesie ein Akt der Seele, weniger der Emotionen und des Intellekts ist. Vor langer Zeit gab die Dichterin einem ihrer Gedichte aus der Sammlung Prolazim životom (Ich gehe durchs Leben) den Titel Prava pjesma (Ein wirkliches Gedicht). Hier sagt sie, dass alles dort beginnt, wo es erkannt wird, und die Poesie Vesna Paruns muss von neuem entdeckt, auf die rechte Weise wiedererkannt werden. So werden wir auch ihre schwer zu interpretierende Metaphysik deuten, das Wunder des Daseins und des Wiedergeborenwerdens. Wo?
Dort wo die großen Flüsse die
Nacht erleuchten
Und die Wasserfälle den Namen
Der noch ungeborenen
Welt aussprechen
2000 – 2010
Vesna Parun verlässt für immer ihr mehr als bescheidenes Heim an der Peripherie Zagrebs, in der Marijan-Badel-Straße 15 (heute Straße Vila Velebita), in dem sie über ein halbes Jahrhundert lebte. Aus gesundheitlichen Gründen hielt sie sich schon seit Jahren in verschiedenen Kurorten Kroatiens auf, enttäuschte darüber, dass ihr keine seit langem versprochene Wohnung zugeteilt war. Im Kurort Stubičke Toplice lernte sie Ende der 70-ger Jahre ihre wichtigste Lehrerin kennen, die Bettlerin Magdica, der sie eine ganze Reihe von Texten widmet. In jenem Kurort feierte sie nächste Geburtstäge und schrieb weitere Bücher. Das wichtigste und beste davon ist Bubnjevi umjesto srca (Trommeln statt Herzen), 2003, in dem sie zum Thema ihrer früheren Bücher Zore i vihori und Crna maslina zurückkehrt. Hier verfasste sie auch die bedeutenden Gedichte Čovjek (Der Mensch) und Prozor s kojeg sam uhodila Mjesec (Das Fenster durch das ich den Mond heimlich beobachte). Ihre Einsamkeit und „Abtrünnigkeit“ von der damaligen Kultur hatte sie selbst gewählt; sie würde sich vor niemandem erniedrigen. Sie starb im Alter von 88 Jahren in Stubičke Toplice am 25. Oktober 2010.
„Als ich nach Zagreb kam, wurde ich verhaftet; jetzt wurde ich aus der Stadt geworfen. Nach 60 Jahren verlasse ich Zagreb wie ein Fremder“, sagte Vesna Parun auf einer Pressekonferenz am 17. Oktober 2001 im Kroatischen Kulturklub. Nicht nur ihr gesellschaftlicher und schriftstellerischer Status veranlasste unsere größte Dichterin zur Einberufung eines „Abschiedstreffens“, wie sie die Pressekonferenz nannte, sondern besonders die Polemik mit Vlatko Pavletic in der Zeitung Jutarnji list. „Es handelt sich nicht um Panik, um Übertreibung oder Leidenschaft. Mit 80 Jahren kann ich immer noch klar denken. Demokrat zu sein bedeutet hier Skandalmacher“, sagte Vesna Parun, als sie den Konflikt um ihren Austritt aus dem Verband kroatischer Schriftsteller beschrieb. „Schriftstellerisches Talent wird hier ausgerottet und nicht geduldet, während Macht und Gewalt über allen Werten stehen. Aber in keinem einzigen Regime kam die Initiative zur Verfolgung von der Staatsgewalt sondern von den Herren Präsidenten der Verbände und den Parteisekretären.“ Sie kündigte ihren baldigen Aufbruch mit 20 Säcken ihres Hab und Guts nach Rijeka an und ein neues satyrisches Buch, wie auch weitere öffentliche Auftritte. Vielleicht können wir die Antwort auf das Unrecht, das ihr zugefügt wurde, in Vesna Paruns Behauptung finden, dass man „in der Schule viel lernen kann, in der Grundschule und auch später in der Mittelschule, Grammatik und Naturkunde; weniger Geschichte und über die Sterne am Himmel; aber über den Menschen und das Leben – fast nichts.“ Ihren eigenen Worten nach verbrachte sie von Kindheit an ein sehr schweres Leben, erlitt mehr Leid als Freude. Vesna Parun widmete sich ganz ihrer schriftstellerischen Arbeit und war die erste Frau in der kroatischen Literatur, die ausschließlich vom Schreiben und fürs Schreiben lebt.
Pobjednica književne nagrade "Sedmica & Kritična masa" za mlade prozaiste je Eva Simčić (1990.) Nagrađena priča ''Maksimalizam.” neobična je i dinamična priča je o tri stana, dva grada i puno predmeta. I analitično i relaksirano, s dozom humora, na književno svjež način autorica je ispričala pamtljivu priču na temu gomilanja stvari, temu u kojoj se svi možemo barem malo prepoznati, unatoč sve većoj popularnosti minimalizma. U užem izboru nagrade, osim nagrađene Simčić, bile su Ivana Butigan, Paula Ćaćić, Marija Dejanović, Ivana Grbeša, Ljiljana Logar i Lucija Švaljek.
Ovo je bio šesti nagradni natječaj koji raspisuje Kritična masa, a partner nagrade bio je cafe-bar Sedmica (Kačićeva 7, Zagreb). Nagrada se sastoji od plakete i novčanog iznosa (5.000 kuna bruto). U žiriju nagrade bile su članice redakcije Viktorija Božina i Ilijana Marin, te vanjski članovi Branko Maleš i Damir Karakaš.
NAGRADA "SEDMICA & KRITIČNA MASA" - UŽI IZBOR
Eva Simčić (Rijeka, 1990.) do sada je kraću prozu objavljivala na stranicama Gradske knjižnice Rijeka, na blogu i Facebook stranici Čovjek-Časopis, Reviji Razpotja i na stranici Air Beletrina. Trenutno živi i radi u Oslu gdje dovršava doktorat iz postjugoslavenske književnosti i kulture.
Predstavljamo uži izbor nagrade ''Sedmica & Kritična masa''
Eva Simčić je u uži izbor ušla s pričom ''Maksimalizam.''. Standardnim setom pitanja predstavljamo jednu od sedam natjecateljica.
Juha Kulmala (r. 1962.) finski je pjesnik koji živi u Turkuu. Njegova zbirka "Pompeijin iloiset päivät" ("Veseli dani Pompeja") dobila je nacionalnu pjesničku nagradu Dancing Bear 2014. koju dodjeljuje finska javna radiotelevizija Yle. A njegova zbirka "Emme ole dodo" ("Mi nismo Dodo") nagrađena je nacionalnom nagradom Jarkko Laine 2011. Kulmalina poezija ukorijenjena je u beatu, nadrealizmu i ekspresionizmu i često se koristi uvrnutim, lakonskim humorom. Pjesme su mu prevedene na više jezika. Nastupao je na mnogim festivalima i klubovima, npr. u Engleskoj, Njemačkoj, Rusiji, Estoniji i Turskoj, ponekad s glazbenicima ili drugim umjetnicima. Također je predsjednik festivala Tjedan poezije u Turkuu.
Jyrki K. Ihalainen (r. 1957.) finski je pisac, prevoditelj i izdavač. Od 1978. Ihalainen je objavio 34 zbirke poezije na finskom, engleskom i danskom. Njegova prva zbirka poezije, Flesh & Night , objavljena u Christianiji 1978. JK Ihalainen posjeduje izdavačku kuću Palladium Kirjat u sklopu koje sam izrađuje svoje knjige od početka do kraja: piše ih ili prevodi, djeluje kao njihov izdavač, tiska ih u svojoj tiskari u Siuronkoskom i vodi njihovu prodaju. Ihalainenova djela ilustrirali su poznati umjetnici, uključujući Williama S. Burroughsa , Outi Heiskanen i Maritu Liulia. Ihalainen je dobio niz uglednih nagrada u Finskoj: Nuoren Voiman Liito 1995., nagradu za umjetnost Pirkanmaa 1998., nagradu Eino Leino 2010. Od 2003. Ihalainen je umjetnički direktor Anniki Poetry Festivala koji se odvija u Tampereu. Ihalainenova najnovija zbirka pjesama je "Sytykkei", objavljena 2016 . Bavi se i izvođenjem poezije; bio je, između ostalog, gost na albumu Loppuasukas finskog rap izvođača Asa 2008., gdje izvodi tekst pjesme "Alkuasukas".
Maja Marchig (Rijeka, 1973.) živi u Zagrebu gdje radi kao računovođa. Piše poeziju i kratke priče. Polaznica je više radionica pisanja poezije i proze. Objavljivala je u brojnim časopisima u regiji kao što su Strane, Fantom slobode, Tema i Poezija. Članica literarne organizacije ZLO. Nekoliko puta je bila finalistica hrvatskih i regionalnih književnih natječaja (Natječaja za kratku priču FEKPa 2015., Međunarodnog konkursa za kratku priču “Vranac” 2015., Nagrade Post scriptum za književnost na društvenim mrežama 2019. i 2020. godine). Njena kratka priča “Terapija” osvojila je drugu nagradu na natječaju KROMOmetaFORA2020. 2022. godine objavila je zbirku pjesama Spavajte u čarapama uz potporu za poticanje književnog stvaralaštva Ministarstva kulture i medija Republike Hrvatske u biblioteci Poezija Hrvatskog društva pisaca.